Woyzeck

Georg Büchner / Robert Wilson / Kathleen Brennan / Tom Waits (Musik) Woyzeck

Im August 1824 wurde der Hilfsarbeiter Johann Christian Woyzeck auf dem Leipziger Marktplatz öffentlich hingerichtet. Drei Jahre zuvor hatte er seine Geliebte, die Witwe Johanna Christiane Woost, aus Eifersucht erstochen. Zahlreiche Gutachten äußerten Zweifel an seiner Zurechnungsfähigkeit während der Tat. Dieser und andere Fälle dienten Georg Büchner 1836 als Vorlage bei der Arbeit an seinem heute weltbekannten Stück. Doch Büchner starb nur ein Jahr später, das Drama blieb Fragment. Kurze, fast filmische Szenen zeigen das Leben des einfachen Soldaten Franz Woyzeck: Um seine geliebte Marie und das gemeinsame Kind versorgen zu können, verdingt er sich nicht nur als Bursche bei seinem Hauptmann, sondern auch als Versuchsobjekt für die Experimente seines Doktors. Als Marie sich dem Tambourmajor zuwendet, sieht er nur einen Ausweg: Marie zu töten. Woyzecks Tat legt auf brutale Weise offen, dass eindeutige Kategorien in einer Gesellschaft, die manchen gar das Beten unmöglich macht, nicht mehr wirksam sind: gut und böse, Opfer und Täter. Die karge, fast zerrissene Sprache Büchners, die fehlende Struktur – sie spiegeln den inneren Zustand der Figuren: unüberschaubar, unbeherrschbar, unberechenbar.
In seiner musikalischen Bearbeitung von Büchners Fragment knüpft Tom Waits an Woyzecks brutales Aufbegehren an. Die Lieder machen den Druck, unter dem die Figuren stehen, ihr Leiden, ihre Ängste und die tagtäglichen Bedrohungen, mit denen sie durchs Leben konfrontiert sind, erfahrbar. Widerständig schweben sie zwischen Aggression und Wehmut. Büchners Sprache findet in Waits Musik ihre kongeniale sinnliche Entsprechung.